Dass die Kemptner Hütte einst gerade an der Oberen Mädelealpe gebaut wurde, kommt nicht von ungefähr: Auf den saftigen Weiden dieser Alpe wurde schon früh das Vieh »gesömmert«, wie es so treffend heißt. Bis zu 80 Stück Milchvieh wurden dort oben gehalten und so ist es nicht verwunderlich, dass dort auch schon vor dem Bau der Kemptner Hütte im Jahre 1891 eine kleine Alphütte stand.
Eckdaten zur Tour Kemptner Hütte – Oberstdorf
1 Schwierigkeit |
2,5 Std. Gehzeit |
↑ 854 Hm Höhendifferenz |
Von der Alphütte zur Alpenvereinshütte
Die Idee, am wichtigen Übergang vom Lechtal nach Oberstdorf eine Alpenvereinshütte für Bergtouristen zu bauen, wurde erst etliche Jahre später umgesetzt, nachdem das Waltenberger Haus (1875), das Prinz-Luitpold-Haus (1881), die Rappenseehütte (1885) und das Edmund-Probst-Haus (1890) längst standen. Gebaut wurde sie erst, nachdem die DAV-Sektion Allgäu-Kempten im Jahre 1888 den heutigen Weg durch den Sperrbachtobel schuf. Das ermöglichte den Lastentransport mit Tragtieren ab Oberstdorf – zudem war dieser Zustieg vergleichsweise leicht und ohne Grenzübergang möglich. Er blieb somit auch in den Kriegszeiten geöffnet.
Die Hütte war letztendlich der bislang fehlende Stützpunkt zwischen den Nachbarhütten und ein fehlendes Bindeglied auf dem großen Allgäuer Höhenweg vom Biberkopf bis zum Iseler, eine Vision, die auf Anton Spiehler zurückgeht, den eifrigen Erschließer der Lechtaler Alpen und langjährigen Vorsitzenden der DAV-Sektion Memmingen. Am 1. Juni 1891 wurde mit dem Bau der Hütte begonnen, nachdem die Lechtaler Gemeinde Holzgau den Kemptnern drei Ar Grund für den Bau der Hütte geschenkt hatte.
Das „Damenkabinett“
Am 16. August fand die Einweihung statt, sie stellte damals 16 Matratzenlager und zwei Heulager sowie ein »Damenkabinett« zur Verfügung und kostete samt Wasserleitung 7215 Mark. Die Hütte wurde rasch zu einem beliebten Ziel für Bergwanderer, vor allem nach der Eröffnung des Heilbronner Wegs im Jahre 1899. Nach vielen Klagen über »grauenvolle, drangvolle Enge im Nachtquartier« (aus der Festschrift zum 100-jährigen Hüttenjubiläum) erfolgte die erste Erweiterung, der noch weitere Aus- und Anbauten folgten. Inzwischen gehört die Kemptner Hütte zusammen mit der Rappenseehütte zu den meistbesuchten Hütten des Deutschen Alpenvereins.
Heute ist sie zudem ein Stützpunkt auf dem Europäischen Wanderweg E5 von Oberstdorf nach Meran sowie einer Route der Via Alpina von Holzgau im Lechtal nach Oberstdorf. Seit 2001 wird die Hütte von Gabi und Martin Braxmaier bewirtschaftet, zuvor waren Ernst und Evi Wagner, die Eltern von Gabi Braxmeier, 30 Jahre lang Pächter der Kemptner Hütte. Sie haben dafür gesorgt, dass die Hütte trotz der oft zahlreichen Gäste ein angenehmer Stützpunkt war und dazu einer mit weithin bekannter guter Küche.
Zustieg zur Kemptner Hütte von Oberstdorf
Von der Bushaltestelle in Oberstdorf am Renksteg, wo sich auch ein großer Parkplatz befindet, wandert man auf der Route des Europäischen Weitwanderweges Nr. 5 (Oberstdorf–Meran) in etwa zwei Stunden auf einem asphaltierten Sträßchen durchs Trettachtal zur Spielmannsau. Dabei handelt es sich um einen kleinen, wunderschön gelegenen Weiler mit einem bekannten und beliebten Gasthaus, einigen landwirtschaftlichen Gebäuden, einem Wohnhaus und einer Herberge für Jugendliche.
Alternativen: von Oberstdorf nach Spielmannsau mit dem Mountainbike oder morgens mit dem Privatbus der Spielmannsau oder etwas später mit der Pferdekutsche ab Oberstdorf hierher. Vom Gasthof Spielmannsau wandert man taleinwärts durch die Wiesen, vorbei an der Kapelle und der schmucken Alpe Oberau, wo es bei Monika Finkel köstlichen selbst gemachten Kuchen gibt. An der Weggabelung steigt man geradeaus hoch zur Materialseilbahn der Hütte, umgeht sie rechts und folgt dann dem Pfad, der links der Trettach taleinwärts führt bis zu jener Stelle, wo der Sperrbachtobel in die Trettach mündet. Dort folgt man dem Sperrbachtobel einige Meter links aufwärts bis zur Brücke, über die man auf die andere Seite des Sperrbachs gelangt. Der schmale Pfad führt dann in steilen Kehren durch den Grashang bis zum Marterl »Am Knie« und danach sanft abwärts zum Sperrbach, der auf einer zweiten Brücke überquert wird. In Serpentinen geht’s weiter durch den oberen, beeindruckend wilden Bereich des Tobels, bis dieser sich öffnet und der Pfad in Kehren durch bunte Bergwiesen hinaufzieht zur Hütte.
Der Große Krottenkopf – höchster Berg der Allgäuer Alpen
Am imposantesten wirkt der höchste Berg der Allgäuer Alpen (2656 m), der eigentlich nicht zum Hauptkamm, sondern zur österreichischen Hornbachkette gehört, von Norden. Als Hermann von Barth, der unermüdliche Erschließer der Allgäuer Alpen, ihn zum ersten Mal aus dieser Perspektive sah, verglich er ihn mit einem Zuckerhut.
Betrachtet man ihn während des Aufstiegs von der Kemptner Hütte, dann sieht man, dass es eigentlich zwei Spitzen sind, die dicht nebeneinander stehen, der Große und der Kleine Krottenkopf, wobei der Kleine auch nicht viel kürzer ist. Vom Krottenkopf hat man einen herrlichen Ausblick auf die Allgäuer und Lechtaler Alpen und einen wunderschönen Blick hinab auf den Hermannskarsee im Nordosten, den höchstgelegenen See der Allgäuer Alpen.
Neben dem hier beschriebenen Normalweg können Kletterfans auch eine schöne Überschreitung machen, mit Aufstieg über den für Allgäuer Verhältnisse festen Nordgrat (III) und Abstieg über den beschriebenen Weg.
Der Aufstieg auf den „Zuckerhut“
Der Normalweg auf den Großen Krottenkopf liegt direkt am Übergang von der Kemptner Hütte zur Hermann-von-Barth-Hütte. Von der Kemptner Hütte folgt man den Wegweisern hinauf ins Östliche Mädelejoch (2033 m), das direkt am deutsch-österreichischen Grenzkamm liegt. Von hier ist der Große Krottenkopf erstmals in voller Größe zu sehen. Nach links zweigt der Weg zum Muttlerkopf ab. Dem Weg geradeaus folgend, steigt man zunächst einige Kehren ab und quert dann am Rand des Roßgumpenkars hinüber bis unter die Krottenkopfscharte.
Sich an den Wegweiser haltend, steigt man in gestuftem Schottergelände hinauf zur Krottenkopfscharte (2350 m), wobei man eine durch Stifte entschärfte Felsstufe überwindet. Von hier hat man einen ausgezeichneten Blick in die Lechtaler Alpen. Den Markierungen und Steigspuren folgend nun fast immer etwas links vom Grat zum Gipfel, zuletzt schräg ansteigend über Schrofen und schuttbedeckte Platten.
Übergänge von der Kemptner Hütte
Zum Prinz-Luitpold-Haus (1846 m) geht es über Rauheck, Märzle und Himmeleck (Etappe der Allgäu-Durchquerung, mittel, Auf- und Abstieg jeweils rund 1300 Höhenmeter, acht bis neun Stunden reine Gehzeit, Wanderung durch eines der entlegensten und botanisch interessantesten Gebiete der Allgäuer Alpen. Bei Nässe heikel, bei Gewitter sehr gefährlich. Unterwegs gibt es keine Einkehrmöglichkeit).
Das Edmund-Probst-Haus
Zum Edmund-Probst-Haus (1927 m) am Nebelhorn übers Himmeleck und das Laufbacher Eck: herrlicher Wanderweg, bis zum Himmeleck identisch mit dem Weg zum Prinz-Luitpold-Haus, dann aber Übergang zum Laufbacher Eck und auf dem berühmten gleichnamigen Aussichts- und Höhenweg zur Hütte. Ohne größere technische Schwierigkeiten, aber stellenweise ausgesetzt, Trittsicherheit und Schwindelfreiheit sind erforderlich. Bei Nässe heikel, bei Gewitter sehr gefährlich, unterwegs keine Einkehrmöglichkeit. Gehzeit neun bis zehn Stunden.
Wanderkarte Kemptner Hütte Oberstdorf
Rappenseehütte
Nach Holzgau im Lechtal übers Mädelejoch, leicht, ca. drei bis vier Stunden. Zur Rappenseehütte über den Heilbronner Weg, mittel, ca. sechs bis sieben Stunden, zum Waltenberger Haus, leicht, ca. vier Stunden, und zur Hermann-von-Barth-Hütte, leicht, ca. vier Stunden.
Öffnungszeiten und Infos zur Kemptner Hütte
Talort/Ausgangspunkt | Oberstdorf, Gasthof Spielmannsau (990 m) im Trettachtal |
Anfahrt | Von Kempten Richtung Oberstdorf, Parkplatz am Renksteg im Süden von Oberstdorf vor der Kreuzung Stillachtal und Trettachtal. Sehr gute Bahnverbindung von und nach Oberstdorf über Kempten aus Richtung Ulm/Stuttgart, aus Richtung Lindau-Immenstadt oder mit dem Alex (stündlich) aus München. Evtl. weiter per Taxi-Shuttle des Gasthofs Spielmannsau zur Spielmannsau. |
Gehzeit zur Hütte | Ab Oberstdorf 4 bis 5 Std. (ab Spielmannsau 2,5 Std.) |
Anforderung | Leicht; für kleine Kinder Sicherungsmöglichkeit mitnehmen |
Beste Jahreszeit | Mitte Juli bis September |
Karte | Bayerisches Landesvermessungsamt München UK L8, Allgäuer Alpen, 1:50 000 |
Tourismusinformationen | Kurverwaltung Oberstdorf, Tel. 08322/700–0, www.oberstdorf.de |
Hüttensteckbrief | Höhe: 1844 m Erbauer: DAV-Sektion Allgäu-Kempten, 1891 Bewirtschaftet: Mitte Juni bis Mitte Oktober Kapazität: 85 Betten, 200 Lager, offener Winterraum (26 Plätze, offen) Kontakt: kontakt@kemptner-huette.de, Postanschrift: Kemptner Hütte, c/o Spielmannsau, 87561 Oberstdorf, www.kemptner-huette.de |
Wichtigste Touren | Muttlerkopf (2366 m), Aufstieg 520 Hm, leicht, ca. 1,5 Std.; Großer Krottenkopf (2656 m), Aufstieg ca. 820 Hm, mittel, ca. 3 Std. |